Für das abendlich-vergnügte Lesen
Jay M. Smith. "Monsters of the Gévaudan - The Making of a Beast"
http://www.hup.harvard.edu/catalog.php?isbn=9780674047167
Wer sich mit Wölfen beschäftigt, wird über kurz oder lang einmal mit der
Bestie von Gévaudan Bekanntschaft machen, wenn auch nur beim Schmökern. Kürzlich kam ich dabei auch auf dieses Buch.
Sich ernsthaft um ein Miteinander von Wolf & Mensch bemühend, kann es vielleicht etwas dissonant klingen, wenn man sich (wie ich
) aus Büchern wie diesem schwarzen Unterhaltungswert zieht; ebenso mag die Frage aufkommen, ob sich gewisse Bevölkerungsteile erst recht beklommen gegenseitig beschauen, wen wir uns da zurück ins Land holen, aber Vorurteile halten sich eh hartnäckig, und besagtes Klientel liest sowas ohnehin kaum.
Für den sachlichen historischen Abgleich von Überlieferungen, wie gefährlich Wölfe dem Menschen bisher wurden, mag der umfangreiche Bericht von Linnell et al. (2002) herhalten. -
"Fear of Wolves: A Review of Wolf Attacks on Humans"
http://www.wwf.de/fileadmin/ … 2002.Review.wolf.attacks.pdf
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Schlussstrich (vom städtischen Gutmenschen im hohen akademischen Turm, der den Wolf nur aus Bilderbüchern kennt und auf Leute vom Land pfeift): der Wolf ist weder die reißende "Bestie" aus des Waldes Tiefe, noch ist er Kuscheltier (wie immer wieder unterstellt wird, Wolfsfreunde sähen ihn als solches). Der Wolf ist ein Wesen der Wildnis; hochintelligent, sozial und sehr versatil - nicht mehr und nicht weniger als das. Er tut, was er zum Überleben braucht, und es ist allein unsere menschliche Sicht auf die Dinge, wenn davon manches eben nicht schmeckt, weil wir die letzten 150 Jahre wolfsfrei gelebt haben. Der Wolf soll auch nicht die "heilige Kuh" des Naturschutzes sein, aber ebenso müssen sich gewisse Genossen eben darauf einstellen,
dass sich die Welt ändert.
Wenn vom "Problemwolf" die Rede ist (was auch schnell bedient wird, um ein Stigma aufzudrücken), dann ist das dem Umstand geschuldet, dass es einerseits "Problemmenschen" gibt, die sich gegenüber dem Wolf falsch verhalten (verwertbare Essensreste nicht entsorgt oder gar Anfüttern*), andererseits der Wolf unter ungünstigen Umständen lernen kann, dass der einzelne Mensch eben doch nicht so schauerlich ist (und vielleicht gar verwertbar?). Das kann (und wird) immer wieder mal passieren. Es darf dabei nicht vergessen werden, dass junge Wölfe auch mal neugierig und naiv schauen, was für ein seltsam staksiger Zweibeiner da herumläuft, was aber absolut kein Grund ist, gleich ins Jagdhorn auf-zur-Wolfsjagd zu stoßen. - Wenn, dann eher, um die Jungtiere zu vertreiben und ihnen die Scheu vorm Menschen zu behalten. Es gibt zudem das bekannte Problem der Hybdridisierung zwischen Wolf und Hund, bei dem vermutet wird, dass hier der Nachwuchs weniger Scheu vor dem Menschen zeigt. Das Wolfsbüro LUPUS hält hier entgegen, dass Erfahrungen des Wolfes allerdings vor der genetischen Komponente überwiegen. (Offene Frage: wie wird das Problem mit Hybridisierung allerdings aussehen, wenn die Kontakte zwischen (verwilderten) Hunden und einer ansteigenden Wolfspopulation immer undurchsichtiger werden?)
Auf beiden Seiten brodeln hier die Emotionen. Etlichen (Hobby-)Jägern wird Ungeduld unterstellt, wenn sie trigger-happy und trophäen-geil drängeln, wann denn Abschussquoten erarbeitet werden (die es da per se noch nicht geben KANN); Jagdpächter haben Angst um ihre Einnahmen, wenn Isegrim das abholt, was sie sich eigentlich gut bezahlen lassen wollen, und besonders engagierte Naturschützer bekommen richtig Blutdruck, wenn ein Wolf geschossen wird .. auch wenn er eben akut verhaltensauffällig wurde. (Und dann jene Gruppe von Leuten, denen die Anwesenheit vom Wolf grundsätzlich nicht schmeckt.**)
- Auch ich werde
verflucht schlechte Laune schieben bei jedem Wolf, der da entnommen werden muss, weil ihm auch nicht mit Vergrämung beizukommen ist. Gleichwohl erkenne ich aber auch die Situation an. Das wünsche ich allen Beteiligten, die Anerkennung der Tatsachen mit möglichst wenig ideologischem Überhang.
(* Wer Wölfe anfüttert und damit sorgt, dass sie zu nahe an den Menschen gehen und damit zumeist absolut unnötig entnommen werden, gehört meiner Meinung nach selbst ins Knie geschossen. Beidseitig!)
(** Auch wenn es die Geduld strapaziert, ist es in mehrfacher Hinsicht hilfreich, auch die Anführungen der überzeugten Gegner der Wiederansiedelung vom Wolf zu studieren. Genau aber eins ihrer Hauptargumente dagegen, nämlich die breite ideologische Verblendung oder gezielte Irreführung, trifft bei allem Eifer um die Beweisführung der Sache auf diese Leute selber zu. - Wenn man unbedingt Haare in der Suppe finden will, dann werden dort auch welche sein, im Sinne von: es kann nicht sein, was nicht sein darf. Hier werden bloße Behauptungen mit Umdeutungen von Fakten gemixt und Expertenmeinungen als Verschwörung behandelt, damit es eben passt. Was die Sache verkompliziert, ist auch hier die Mischung an sachlich richtigen Annahmen und Positionen mit fehlgeleiteten Behauptungen und Anschauungen. So auch lassen sich auch Professoren und Doktoren immer wieder mit totalem Bullshit zum Thema vernehmen, wie mir aber aus der Klimaforschung beileibe nicht neu ist. Eine größere Konzentration solcher Ansichten und Quellen findet sich auf
http://www.wolf-nein-danke.de )
P.S. Wer nur mal kurz quer liest, kommt relativ schnell von selbst auf die meisten relevanten Links. Sehr hilfreich fand ich dazu
"Rückkehr der Wölfe" von Eckhard Fuhr. ... Ich bekomme keine Provison von den Buchverkäufen.